Das Werk der im Kanton Bern lebenden Bildhauerin Christina Räber zeigt eine vielseitige Sicht auf den menschlichen Körper und seinen skulpturalen Wert. Der Mensch wird in ihren Werken plastisch in Stein und Gips artikuliert. Dabei offenbaren die Figuren eine intensive Dialektik zwischen Physis und Körpersprache.

Die Skulpturen und Plastiken stehen im Spannungsfeld zwischen realistischer und abstrakter Darstellungsform. Damit bezieht die Bildhauerin eine eigenständige Position in der Schweizer Plastik, unabhängig von zeitgeistorientierten Strömungen. Sie bringt die traditionelle Aktdarstellung in eine zeitgenössische Form.

 

"Als willkommene Herausforderung empfinde ich immer wieder den Balanceakt zwischen der unvorteilhaften Darstellung der Fülligkeit und der Annäherung an die Ästhetik im fülligen Körper, einer Ästhetik, die für mich Sinnlichkeit bedeutet. Es ist mir ein Anliegen, meine „Menschen“ nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Ein Augenzwinkern darf trotzdem dabei sein, wenn sich die fülligen Figuren um Leichtigkeit bemühen.

 

Ich arbeite bewusst ohne Modell, nur aus meiner Vorstellung heraus. Meine Figuren sollen keine Abbilder von lebenden Menschen sein, sondern aus meinem inneren Bild entstehen. Jede Plastik wird unter meinen Händen „geboren“ und zwar nicht erst, wenn sie fertiggestellt und ausgearbeitet ist, sondern es gibt während jedem Entstehungsprozess irgendeinmal einen unverhofften, magischen Moment, wo diese Geburt stattfindet und ich das Gefühl habe, dass sich ein neuer „Mensch“ zu den anderen in meinem Atelier gesellt hat.

Nach dem Erschaffen einer Figur, die sich in Bewegung präsentiert, habe ich oft das Bedürfnis, eine ruhende zu modellieren. Damit komme ich selber zur Ruhe, denn das Arbeiten an einer Figur im Schwung oder in einer Yogapose bedeutet oft auch eine Herausforderung an die Statik und erfordert von mir eine andere Wahrnehmung und andere Arbeitsschritte als das Arbeiten an einer Figur in entspannten Stellung.

Meine Figuren, überwiegend Frauen, aber auch Paare, nackt und seit 2011 füllig geworden, genügen sich einerseits in ihrer eigenen Körperlichkeit, manchmal aber auch in der Zuwendung zu einem vertrauten Gegenüber. Es ist mir wichtig, dass meine Figuren eine intensive Dialektik und dadurch die sichtbar gewordene Symbiose von Körper und Seele ausstrahlen. Dabei suche ich eine expressionistische Darstellungsform, in der sich die Vereinfachung und Straffung des Realistischen ausdrückt.

Ich verstehe meine Auseinandersetzung mit figürlichen Plastiken, die nicht den Idealmassen entsprechen, als ein Zugeständnis an die heutige Realität, gleichzeitig auch als Widerstand gegen den heutigen Schönheitswahn, der für Frauen nur normierte Masse zulässt."